Survival-Tagebuch 2004 - 8. Tierische Notnahrung bedeutet töten

 

 

Ich fange einen Hasen, töte ihn, schlachte ihn und mache sein Fleisch haltbar. Ein großer Schritt für mich.

 

In dem Artikel wird das töten eines Tieres beschrieben und es sind auch entsprechende Bilder in dem Artikel. Also nur lesen, wenn dir das nichts ausmacht. Ansonsten einfach überspringen.

 

Hier geht es zu der Übersicht zur Artikelserie

Survival-Tagebuch 2004.

Tierische Notnahrung bedeutet töten

Dieser Tag war vermutlich der Wendepunkt meiner Survivaltour und ich habe die intensivsten Erinnerungen an ihn. Ich möchte nicht viel darüber schreiben, sondern meinen Tagebucheintrag sprechen lassen.

Aus meinem Tagebuch:

Montag: 16.8.2004 


"Wunderbar! In meiner Hütte duftet es herrlich nach Hasenbraten. Denn da brät einer über meinem Feuer. Früh am Morgen bin ich von einem entfernten Klappern aufgewacht. Mir war sofort klar was zu tun war. Aufstehen und anpirschen. In meiner Falle vom Vortag saß ein großer Hase. Er hatte sich fest in der Schlinge verfangen. Sofort ist mein Blutdruck auf 180 gegangen und in meinem Körper wurde Adrenalin freigesetzt. Auf dem Weg zu der Falle hatte ich gebeten etwas zu essen geschenkt zu bekommen. Und da war mein Essen, also dankte ich auch. Ganz kurz schoss mir der Gedanke durch den Kopf den armen Hasen wieder frei zu lassen. Aber dann erinnerte ich mich wieder daran, wie anstrengend der kurze Weg den Hang von den Seen hinauf gestern gewesen war. Ich entschied mich für das Essen. In diesem Moment war ich so gläubig und ehrfürchtig gegenüber der Natur wie vielleicht erst ein paar Mal in meinem Leben.

 

Ich faltete die Hände und bat, dass es für den Hasen schnell und schmerzlos gehen würde und wusste gleichzeitig wie groß meine Verantwortung für dieses Tier war. Ich nahm mein Messer aus dem Gürtel und prüfte die Schärfe. Nicht sehr scharf. Trotzdem kroch ich zu dem Hasen, der quiekte und schrie als ich ihn zwischen meine Knie klemmte. Als ich ihn dann aber gepackt hatte, hielt er ganz still. Ich schloss kurz die Augen und entschuldigte mich, während ich die Wärme des Tieres spürte. Dann schlug ich ihm mit dem schweren Messerrücken ins Genick und schnitt ihm gleich darauf mit einigen schnellen Schnitten die Kehle durch. Meine Hände waren jetzt schon blutverschmiert.  Ich hängte den Hasen an einem Baum auf. 

 

Ich bemerke in letzter Zeit, dass je besser es mir geht desto mehr Luxus gönne ich mir. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich merke, dass ich es jetzt schon fünf Tage nur mit dem Messer, einem Feuerstahl und etwas Schnur ausgehalten und geschafft habe, und dass ich denke dass das jetzt reicht. Natürlich hätte ich auch in der kleinen Hütte wohnen können, natürlich hätte ich auch in meinem selbst gemachten Topf kochen können. Aber das ist eben kein Luxus. Ich merke aber auch, dass es irgendwann keinen Spaß mehr macht, wenn es zu lange so hart ist und Spaß gehört auch dazu. Schließlich ist Survival eine Art Sport mit selbst gemachten Regeln.

 

Ich schätzte das Gewicht des Hasen auf ca. 3kg. Ich fing an ihm vom After aus das Fell am Bauch aufzuschlitzen. Dann das Fell an den Beinen. Das ging sehr schwer. Öfters schnitt ich zu tief und warmes Blut lief mir über die Hände, die dadurch nass und nach einigen Minuten eiskalt wurden. Endlich hatte ich es geschafft. Jetzt den Bauch aufschlitzen und, wie schon so oft gelesen, die Innereien raus. Aber gelesen ist halt nicht gleich gekonnt, sodass ich auf eine Menge komischer Teile stieß von denen ich keine Ahnung hatte was es waren. Herz, Lunge, Nieren, Leber, Magen,
Darm, Blase. Das war alles klar. Und trotzdem blieben einige seltsame Gebilde. Außerdem waren die Innereien überall festgewachsen, sodass ich irgendwann einfach dazu überging raus zu schneiden, was mir in die Quere kam. Endlich hatte ich auch das geschafft.

 

Inzwischen war es schon Mittag. Ich zerteilte das Fleisch, welches ich immer noch auf knapp 2kg schätzte und wusch es im eiskalten Bach. Dann hängte ich die Stücke zum antrocknen in den Wind, während ich einen „A-Rahmen“ baute in den ich das Fell spannte. Jetzt ist es Nachmittag und das Fleisch ist in Streifen geschnitten, in Salz eingelegt, getrocknet oder gebraten. Einen großen Teil habe ich in den Rauchabzug der Kote gehängt. Einige Knochen kochen über dem Feuer. Ich werde sie säuberlich abnagen, das Mark heraus pulen und in der Brühe mein Isländisch Moos kochen. 

 

Jetzt merke ich erst dass ich doch ziemlich hungrig bin. Es duftet nach Braten und ich muss mich zwingen nur ganz ganz kleine Stückchen zu knabbern, die ich vorher gut durchgebraten habe, um meinen völlig leeren Magen nicht zu strapazieren. Und trotzdem habe ich Bauchschmerzen. Draußen ist es jetzt schon eiskalt und mein Atem dampft.

 

Ich habe beschlossen, dass ich morgen meinen Schlafsack nehme. Jede Nacht habe ich gefroren, gezittert, gebibbert, mit den Zähnen geklappert. Am schlimmsten war es für die Füße. Ich habe alles probiert sie warm zu halten. Jedes mal bin ich wieder nachts aufgewacht weil die Kälte von meinen Füßen, welche ich teilweise nicht mehr spüren und bewegen konnte, sich in meinem ganzen Körper verteilte.

 

Jetzt Danke ich noch dem Hasen für sein Fleisch. Gute Nacht."

Die Dankbarkeit für das Tier begleitet mich auch heute noch. Es macht einen großen Unterschied, ob ich an die Tiefkühltruhe im Supermarkt gehe und eine Packung Hackfleisch kaufe, oder ob ich ein Tier fange, töte und zubereite. Letzteres passiert mit viel mehr Achtsamkeit und Bewusstsein. Wenn ich für jedes Fleisch das ich esse ein Tier töten müsste, ich glaube der Fleischkonsum würde für mich zu etwas Besonderem und zu einer Ausnahme werden.

Die Fortsetzung der Artikelserie findest du hier:

 

Survival-Tagebuch 2004 - 9. Jeder sollte ein Mal gehungert haben

 

Hier geht es zu der Übersicht zur Artikelserie Survival-Tagebuch 2004.

Ich freue mich wenn ihr diesen Artikel weiterempfehlt:

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Monte Buhl (Freitag, 03 Februar 2017 11:22)


    Pretty! This has been an incredibly wonderful article. Thank you for supplying these details.