Das Wetter hat einen großen Einfluss auf meinen Tagesablauf. Es bestimmt wie viel ich esse und wie lange ich im Rauch sitzen muss. Die Regentropfen, die durch mein Dach dringen, haben sogar Einfluss auf meine Schlafposition. Aber das schlechte Wetter hat mir auch viel Zeit gegeben in mein Tagebuch zu schreiben.
Kleine Verbesserungen nicht aufschieben! Natürlich ist am Anfang ein provisorischer Unterschlupf, Wasser, Feuer und etwas Nahrung am wichtigsten. Allerdings darf man nicht den Punkt verpassen an dem man von "kurzfristige Notsituation bewältigen" auf "langfristig gutes Überleben" schalten muss. Die Schwelle von kurzfristiger zu langfristiger Lagebewältigung sozusagen.
Und der Punkt kommt schneller als man denkt. Sobald man seine Grundbedürfnisse versorgt hat, sollte man schon daran denken, wie man seine Situation durch einfache Maßnahmen und mit geringem Energieaufwand verbessern kann.
Aus meinem Tagebuch:
Sonntag: 22.8. 2004
Tag 11. Das gibt’s doch nicht. Schon wieder Regen! Hört das denn gar nicht mehr
auf? Ich weiß nicht seit wie vielen Tagen es jetzt schon regnet, windig ist und mir die Tour versaut. Die Nacht war anstrengend, weil es immer beängstigend ist,
zu sehen, wie es an immer mehr Stellen anfängt zu tropfen. Ich habe mich gegen morgen in die letzte trockene Ecke verkrochen,
ganz an der Wand und versucht zu schlafen. Ich musste dann irgendwann aus Nässegründen aufstehen.
Ich habe keinen besonders großen Hunger im Bauch, dafür aber einen umso größeren Hunger im Kopf. Ich denke ständig ans Essen. Schließlich konnte ich wegen der Nässe in den letzten Tagen kaum rausgehen um Beeren zu sammeln. Besonders nach fettigen, schwammigen und ungesunden Sachen sehne ich mich. Nach Toastbrot, Ketchup, Sandwichs und McDonald! Der Himmel ist absolut eintönig grau und es sieht nach Dauerregen aus. Also stelle ich mich auf einen Schreibtag ein. Da ich nur einen kleinen, selbstgebauten Hocker habe, bekomme ich an solchen Tagen immer Rücken- und Knieschmerzen. Aber sie haben auch ihre guten Seiten, diese ruhigen Regentage, an denen ich so viel Zeit für mich habe. Ich sitze hier den ganzen Tag, unterhalte ein sparsames Feuerchen, trinke Tee und schreibe. Normalerweise habe ich bisher morgens immer eine Kanne Tee getrunken, bin mittags Beeren sammeln gegangen und habe mir dann Abends eine Fleischsuppe gekocht. An Regentagen müssen die Beeren öfters durch Tee ersetzt werden. Alles was ich esse und trinke, schmeckt irgendwie süß. Der Tee, das Fleisch, sogar der Sauerampfer!
Ich merke langsam, wie sich das viele herumsitzen, in der rauchigen Kote, auf meine Lunge auswirkt.
Je nach Wind will der Rauch oft gar nicht durch das Loch in der Decke
abziehen und wenn er es doch tut, und es weht Westwind, kommt er direkt zu meiner Tür wieder rein. Manchmal stelle ich mich einfach in den Regen, um etwas Luft zu bekommen.
Es ist Abend und ich war in einer Regenpause Moltebeeren essen. Ich habe eine geniale, neue Stelle gefunden, die noch für ca. 2-3 Tage reichen wird. Heute habe ich meinen Moltebeerenrekord gebrochen: 924 Stück! Ich wollte auf 1000 kommen, war dann aber satt. Oder nein, voll. Satt werde ich nicht.
Das war der 11. Tag. Das bedeutet ich hätte 10 Tage Zeit gehabt, das Dach über meinem Schlafplatz richtig Regendicht zu bekommen und mir eine anständige Sitzgelegenheit zu bauen. Habe ich aber nicht, warum auch immer.
Ich habe das Phänomen auch später noch bei mir beobachtet: Nachdem man das schlimmste hinter sich und sich etwas eingerichtet hat, hält man in vielen Bereichen einen Status quo und denkt nicht mehr an Optimierungen. Auch wenn genügend Zeit und Kraftreserven vorhanden sind. Womit das zusammenhängt kann ich bis heute nicht genau sagen. Aber ich habe hoffentlich die Gelegenheit die Eigenarten meines Geistes auf vielen zukünftigen Touren zu erforschen.
Hier geht es zum nächsten Artikel der Serie:
Survival-Tagebuch 2004 - 15. Die Weisheit der Verbundenheit
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Custom essay writing service (Donnerstag, 18 Januar 2018 07:12)
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